Der Vorbereitungsdienst ist für alle Referendare eine enorme Belastungsprobe. Nie wieder steht man so unter Druck – oft unter Druck, den man sich selbst macht. Doch nicht immer stammt die Unzufriedenheit, die Referendare oft belastet, von Stress und schlechten Leistungen. Probleme mit Seminarleitern stehen an der Tagesordnung, doch eher selten entscheiden sich Referendare zum Seminarwechsel. Warum eigentlich? Ich erzähle dir heute, wie es bei mir zum Seminarwechsel im Referendariat kam und wie ich heute darüber denke.

So fing Alles an

Das Referendariat ist stressig, so ging es natürlich auch mir. Dennoch war ich irgendwie glücklich. Ich mochte meine Seminarleiter, liebte meine neue Aufgabe trotz der hohen Anforderungen und meisterte alles irgendwie ganz gut. So schleppte ich mich durch die ersten zwei Monate, begann langsam aber sicher, mich zu organisieren und die ersten beiden Unterrichtsbesuche liefen, entgegen meiner Befürchtungen, ganz gut.

Die Fachseminare beflügelten mich geradezu. Nach jedem Seminar ging ich mit einer tollen Erkenntnis aus dem Raum und wollte etwas Neues ausprobieren. Sie inspirierten mich jede Woche aufs Neue.

Wenn man es zusammenfassen möchte, könnte man es vielleicht so tun: Ich war gestresst, aber glücklich.

Die Wende

Es begann mit einem ausfallendem Fachseminar, das zu einer ganzen Reihe ausfallender Fachseminare wurde. Dann kam die Nachricht, die wir alle befürchtet hatten: Die Fachseminarleiterin war schwanger und im Berufsverbot. Wir alle würden in andere Fachseminare versetzt werden, manche von uns kurz vor dem Examen, andere, wie ich, gerade frisch im Lehreralltag angekommen. Ich war wirklich traurig, versuchte, die Neuigkeiten aber gefasst aufzunehmen und der neuen Situation optimistisch zu begegnen.

Leider kam es nicht so wie ich es gehofft hatte. Der neue Fachseminarleiter und ich fanden einfach keinen Draht zueinander. Ich wusste nie, woran ich war, wenn ich Beiträge einbrachte. Insgesamt fühlte ich mich im Seminar irgendwie fehl am Platze und der zweite Unterrichtsbesuch, der erste beim neuen Fachseminarleiter, brachte dann die Gewissheit: Wir würden nicht zueinander finden, da wir ganz unterschiedliche Vorstellungen von Unterricht hatten. Ich war tagelang unsicher und wusste nicht so richtig, was ich machen sollte. Gleichzeitig zweifelt man ja auch an seiner eigenen Expertise als Referendar.

Interessant war am Ende des ersten Halbjahres vor allem der Vergleich der Gutachten aus beiden Fachseminaren. Selbst meine Hauptseminarleiterin, die mich zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Mal besucht hatte, musste beim Lesen lachen und wunderte sich sehr über die zwei auseinanderklaffenden Beurteilungen.

Der Seminarwechsel im Referendariat

Üblicherweise erhält man hier in Berlin die Möglichkeit, zwei Mal in anderen Fachseminaren zu hospitieren und wird dafür von der Schule freigestellt. Wegen der festgelegten Klausurtermine funktionierte das bei mir leider nicht. Ich musste deshalb blind wechseln, wenn man es so nennen möchte. Bei meiner Entscheidung konnte ich mich aber immerhin auf eine Referendarin stützen, die zwei Fachseminarleiter bereits kannte. Mir blieb nichts anderes übrig als ihr zu vertrauen, denn andere Fachseminarleiter kamen aufgrund der Erfahrungswerte meiner Fachbereichskollegen nicht in Frage. Bei nur sechs Fachseminaren in ganz Berlin ist man in der Wahl leider nicht so frei

Der Seminarwechsel selbst verlief ohne großen Aufwand. Ein unterschriebenes Schreiben an meine Hauptseminarleiterin reichte zum Antrag auf den Wechsel aus. Wichtig ist vor allem die Fristwahrung. Hier in Berlin endet die Frist in etwa vier Wochen vor Ende des Schuljahres und ist auch nur nach dem ersten Halbjahr des Referendariats möglich.

Wie es mir im neuen Seminar ergangen ist

Viele Referendare versuchen, sich für die kurze Zeit des Referendariats durchzubeißen und Differenzen auszusitzen. Das ist nicht nur anstrengend und für den Betroffenen noch stressiger als die Zeit ohnehin schon ist. Auch kann das ganz schön nach hinten losgehen. Wer mit seinen Fachseminarleitern nicht auf einen grünen Zweig kommt, kann in der Vornote und im Examen das blaue Wunder erleben und im schlimmsten Fall sogar scheitern.

Ich habe meine Entscheidung, die Reißleine zu ziehen und in einem neuen Seminar weiterzumachen, nie bereut. In meinem dritten Fachseminar bin ich wieder glücklich geworden. Ich fühle mich wieder beflügelt, lerne viel dazu und kann das Gelernte in der Schule ausprobieren. Ich denke, es gibt Dinge, die ein gutes Fachseminar ausmachen: Die Expertise in Verbindung mit der Persönlichkeit des Fachseminarleiters sowie die Seminararbeit. Es sollte im Seminar Zeit und Raum geschaffen werden, um praxisrelevante Inhalte, Unterrichtserfahrungen und Schulthemen zu bearbeiten und zu reflektieren. Wenn man die Möglichkeit hat, in anderen Fachseminaren zu hospitieren, sind das Kriterien, die man leicht einschätzen kann.

Wann das Seminar wechseln?

Man kann sich nicht mit jedem Menschen gut verstehen, das ist klar. Wenn man sich von einem Seminarleiter ungerecht behandelt fühlt, sollte man sich zunächst reflektieren. Inwieweit stimmt das, was mir der Seminarleiter gesagt hat? Frage deine Kollegen nach ihrer Einschätzung. Bitte sie, bei dir zu hospitieren und dir Feedback zu geben. Stimmen die Einschätzungen überein? Vielleicht hat sich dein Fachseminarleiter einfach nur unglücklich ausgedrückt.
Wird nie positives Feedback gegeben? Dann kann ein Gespräch mit Fachseminarleitern helfen. Vielen ist es gar nicht bewusst, wenn ein zu großer Fokus auf das zu Verbessernde gelegt wird.
Auch, wenn die Seminarstruktur nicht den eigenen Vorstellungen entspricht oder man sich unwohl fühlt, ist eine Hospitation in anderen Seminaren und daraufhin gegebenenfalls ein Wechsel sinnvoll.

Vorsichtig sollte man mit einem Wechsel sein, wenn man das neue Seminar vorher nicht kennt. Ich habe gewissermaßen das Risiko in Kauf genommen, aber ich war mir sicher, dass ich im alten Seminar nicht glücklich geworden wäre. Möglich ist aber natürlich, vom Regen in die Traufe zu wandern. Also nutze die Möglichkeit, dir die anderen Seminare vorher anzuschauen und die Fachseminarleiter kennenzulernen.

Nutze deine Chance!

Nicht immer können Probleme aus der Welt geschafft werden. Und nicht immer ist es die Schuld des Referendars oder in einer schlechten Leistung begründet. Man geht üblicherweise davon aus, dass Fachseminarleiter in ihrer Einschätzung immer richtig liegen. Doch auch sie sind nur Menschen und können sich irren und Fehleinschätzungen treffen. Manchmal passt es zwischen Seminarleiter und Referendar einfach nicht. Das muss man akzeptieren. Wenn man es aber bemerkt, sollte man sich nicht länger quälen und es vor allem nicht auf die lange Bank schieben: Die Chance auf einen Seminarwechsel hat man hier in Berlin nur einmal. Wer die Frist verstreichen lässt, bleibt bis zum Schluss in seinen Seminaren und kann nur noch hoffen, dass das Seminar aus irgendeinem Grund aufgelöst wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher gering.

Das Referendariat ist eine ganz besondere Zeit und sie kann wirklich schön und inspirierend sein. Da bleibt keine Zeit, um sich mit unnötigen Problemen zu befassen. Deshalb meine Empfehlung: Gehe in der Not den Schritt und starte neu! Du verpasst sonst eine ganz wunderbare Erfahrung. Wenn du mehr von meinen Erfahrungen im Referendariat lesen möchtest, schau doch mal hier vorbei.

Hast du im Referendariat dein Seminar gewechselt? Hast du besonders tolle oder schlimme Erfahrungen gemacht? Erzähle mir davon! Ich bin gespannt.

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