Digitalisierung ist in aller Munde – nicht erst seit gestern. Doch die Realität sieht an vielen Schulen noch anders aus: Die Hürden, digitale Medien im Unterricht einzusetzen, sind hoch und so führt dies meistens zu folgendem Bild: wenige, vereinzelte Kolleg*innen nutzen digitale Medien und der Großteil nicht. Vor einigen Wochen las ich den Aufruf zur Beitragsparade Wie holt man Kolleg*innen am besten mit ins Boot der digitalen Transformation? der Bildungspunks und fühlte mich sofort angesprochen. Seit Februar 2017 setze ich ritualisiert auf Plickers in meinem Mathematikunterricht und gelte damit für das Thema Plickers an meiner Schule sozusagen als Vorreiter. Ich werde euch heute ein paar Tipps an die Hand geben, die sich daraus ergeben haben, wie ich Kolleg:innen Schritt für Schritt mit ins Boot geholt habe.

Wer nochmal nachlesen möchte, was Plickers ist, wie ich es einsetze und wie das Ergebnis einer Evaluation nach neun Monaten Unterrichtseinsatz aussieht, kann das hier, hier und hier tun.

Aller Anfang ist die eigene Expertise

Digitalisierung ist schön und gut. Aber bevor überhaupt jemand überzeugt werden sollte, sollte Energie und Zeit in die eigene Expertise gesteckt werden. Teste und nutze ein digitales Medium ausgiebig (!), in verschiedenen Jahrgangsstufen. Lerne Vor- und Nachteile kennen und zwar die überzeugenden und gewichtigen. Diejenigen, die Kolleg*innen als praxisrelevant empfinden. Im besten Fall nimmst du dir die Zeit und evaluierst die Arbeit mit dem digitalen Medium. Nach deinen eigenen Kriterien und zusammen mit deinen SuS. Kriterien können z. B. sein: Umsetzbarkeit, beobachtete Verbesserungen, Spaß, Motivation, Zeitersparnis, … Kriterien sollten dabei nach dem jeweiligen digitalen Medium ausgewählt, im besten Fall an die Vor- und Nachteile anknüpfen und Praxisrelevanz aufweisen.

Schritt für Schritt

Der Weg der Digitalisierung ist lang, hat gerade erst begonnen und er kennt kein Ende. Umso wichtiger ist es, die Kolleg*innen dort abzuholen, wo sie stehen und sie nicht zu überfordern. Die Hürden, sich auf die Digitalisierung einzulassen, sind für viele Lehrer*innen sehr hoch. Das Credo sollte also sein, die Einstiegshürden möglichst gering zu halten. Damit kann man vielen Kolleg:innen die Möglichkeit geben, die eigene Scheu langsam aber sicher abzulegen und sich auf das digitale Medium einzulassen.
Um das zu erreichen, ist die richtige Wahl des digitalen Mediums essenziell. Fokussiere dich auf eines, das du wohlüberlegt ausgewählt hast. In dem du dich erfahren fühlst und das nicht zu anspruchsvoll im Einsatz ist. Also keine großen Voraussetzungen und Kenntnisse benötigt, das aber überzeugende Vorteile bietet. Welche digitalen Medien du später noch auswählst, um ihre Vorteile im Kollegium zu verbreiten und Überzeugungsarbeit zu leisten, ist dir überlassen. Doch überfordere zu Anfang Niemanden. Sonst  werden viele Kolleg*innen, vor allem die weniger technikaffinen, zurückschrecken.

Gut geplant ist halb gewonnen: die Lehrerfortbildung

Im Referendariat war eine meiner zwei Modulprüfungen eine schriftliche Arbeit über die Konzeption einer Lehrerfortbildung. Bei mir ging es, wie oben bereits erwähnt, um den Einsatz von Plickers in der Schule. Ich möchte jetzt nicht ausholen und meine gesamte Arbeit hier zusammenfassen, also beschränke ich mich auf die wesentlichen Aspekte. Zunächst sprechen prinzipiell einige Argumente für die Durchführung einer Fortbildung: Man kann zur gleichen Zeit mehrere Kolleg*innen erreichen, die sich wiederum untereinander austauschen können. Während der Fortbildung und auch danach. Der Austausch ist wichtig, denn er beflügelt, inspiriert und zeigt offen Dinge, für die sich das digitale Medium bewährt oder nicht bewährt hat.
Natürlich ist zunächst die umfassende und rechtzeitige Information des gesamten Kollegiums wichtig. Der Emailverteiler eignet sich dafür sehr gut – ich habe mich bewusst gegen einen Aushang im Lehrerzimmer entschieden, da ein solcher doch gerne mal übersehen wird.
Das Konzept der Lehrerfortbildung sollte zum einen einen theoretischen Teil beinhalten, der kurz und knapp alle wichtigen Informationen wiedergibt, und ganz klar praxisorientiert ist. Die wichtigen und überzeugenden Vor- und Nachteile sollten transparent dargestellt werden.

Ein essentieller Punkt: Der Praxisanteil

Zum anderen sollte die Fortbildung so konzipiert sein, dass das kennengelernte digitale Medium direkt erprobt werden kann. Dies muss in der Planung berücksichtigt werden, denn im Idealfall können alle Lehrer*innen am eigenen Gerät für sich selbst arbeiten. Der praktische Fortbildungsteil hat klare Vorteile: Der erfahrene Kollege steht als Ansprechpartner bei Fragen und Problemen direkt zur Seite und kann eingreifen. Bei mehrfach vorkommenden Fragen kann er diese ins Plenum bringen und dabei helfen, auf Probleme richtig zu reagieren. Die Lehrer*innen können sich im praktischen Fortbildungsteil direkt selbst von den Vorteilen des digitalen Mediums überzeugen und die persönliche Einstiegshürde überwinden. Würde der praktische Teil auf die Freizeit verschoben werden, wären die Kolleg*innen auf sich allein gestellt, ohne direkte Hilfestellung. Die Wahrscheinlichkeit wäre hoch, bei einer auftretenden Schwierigkeit einfach aufzugeben.
Ebenso wichtig wie die Durchführung der Fortbildung selbst ist die angemessene Evaluation nach der Fortbildung. So erfahrt ihr, wo ihr am Fortbildungskonzept nachbessern könnt, ob eure Argumente überzeugend waren und ob der wichtige Aspekt der Praxisrelevanz eingehalten wurde. Wenn eure Fortbildung überzeugend ist, wird die Nachfrage nach erneuter Durchführung an euch herangetragen werden. Das Einholen von Feedback ist deshalb wichtig und richtig.

Gedankenstützen anbieten

In der Aufregung der Fortbildung vergisst man das ein oder andere Detail, an das man sich später aber vielleicht gerne erinnern würde. Wir predigen unseren SuS oft, dass sie Handouts anfertigen sollen. Das ist das mindeste, das wir unseren Kolleg:innen anbieten können, um ihnen die relevanten Inhalte auch im Nachhinein verfügbar zu machen.
Seien wir ehrlich: Wie oft landet Papier aber irgendwo, wo wir es dann nicht mehr wiederfinden? Ich würde mal vermuten: Oft. Meine persönliche Empfehlung: Handouts sind gut und für viele Kolleg*innen vielleicht auch hilfreich. Zusätzlich setze ich auf eine digitale Version des Handouts, denn die geht nicht so einfach verloren und kann schnell wiedergefunden werden. Aber nicht nur wiedergefunden, sondern auch weiterverbreitet.
Im Sinne der Digitalisierung und der Idee, die Inhalte im Kollegium weiterzuverbreiten, ist es für uns ein großer Vorteil, wenn auch Lehrer*innen, die nicht an der Fortbildung teilgenommen haben, sich aber für die Thematik interessieren, die Inhalte der Fortbildung nachlesen können. Das wird durch eine digitale Version, die weitergegeben werden kann, deutlich erleichtert.
Wer einen Schritt weitergehen möchte, kann auch weiterführende digitale Medien einsetzen. Meine Idee für die nächste Fortbildung: ein Padlet zur Fortbildung anbieten.
Wichtig ist eines: Mach deine Wahl vom Publikum deiner Fortbildung und ihren Vorkenntnissen abhängig. Gib deinen Kolleg:innen zusätzlich zu digitalen Medien dennoch ein Handout mit auf den Weg. So erreichst du alle Teilnehmer: egal, ob sie Profis oder Laien im Umgang mit Computer und Internet sind.

Gekommen, um zu bleiben

Gerade, wenn man andere Lehrer*innen ermutigen möchte, etwas Neues auszuprobieren, darf man ihnen nicht das Gefühl geben, sie allein zu lassen.  Das geht am besten, indem man einfach da ist. Die Lehrerfortbildung kompetent begleitet. Ansprechpartner bleibt. Auch nach der Fortbildung.
Der Vorteil einer Lehrerfortbildung für seine eigenen Kollegen ist, dass man gewissermaßen regelmäßig greifbar ist. Ein kurzes Gespräch im Lehrerzimmer, eine Nachricht im Fach – irgendwie ist da ein direkter Kontakt und ein Austausch immer möglich. Das hilft und gibt Sicherheit und ermutigt, neue Dinge auszuprobieren – genau das, was wir wollen.

Wer Kolleg*innen überzeugen möchte, den Weg der Digitalisierung mitzugehen, muss versuchen, ihnen die Angst vor dem Weg zu nehmen. Das geht am besten, indem man den Weg kompetent und hilfsbereit begleitet. Aber die Kolleg:innen auch ermutigt, neue Dinge auszuprobieren und sich nicht von kleinen Hindernissen beeindrucken zu lassen. Nicht zuletzt hilft ein nachträglicher Austausch allen Beteiligten: Warum das Rad immer wieder neu erfinden?

Doch neben Kolleg*innen, die den Weg der Digitalisierung gerne mitgehen möchten, braucht es Kolleg*innen, die selbst  gerne neue digitale Medien ausprobieren, um ihre Erfahrungen im Kollegium zu teilen. Und zwar genau die digitalen Medien, die an der jeweiligen Schule sinnvoll eingesetzt werden können und vielversprechend sind.

Die Absichten können demnach die besten sein: Eine funktionierende Kommunikation und ein offener Austausch im Kollegium ist das A und O einer erfolgreichen Zusammenarbeit auf dem Weg der Digitalisierung.

Und jetzt bin ich gespannt: Wie digital ist euer Kollegium? Welche Tipps und Methoden habt ihr schon genutzt, um Kolleg*innen zu überzeugen? Habt ihr selbst bereits Lehrerfortbildungen durchgeführt und diesbezüglich Erfahrungen sammeln können? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar – ich freue mich

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