Ich habe meinen Unterricht betreffend einige Ideale. Möglichst transparent soll er sein – in jeder Hinsicht. Ich möchte gut differenzieren, nach oben und nach unten. Und ich möchte meine Schüler dazu befähigen, sich selbst zu helfen, selbstständig zu lernen und zu agieren. Die Selbstständigkeit im Unterricht ist für mich ein enorm wichtiger Aspekt. Aus diesem Grund widme ich meinen heutigen Beitrag, der Teil meines Anteils zum Bloggeradventskalender von Nenalisi ist, diesem wichtigen Thema.

Warum mir die Selbstständigkeit meiner Schüler wichtig ist

Seien wir ehrlich: Wenn unsere Schüler die Schullaufbahn beenden, sollen sie sich zwar einen Grundstock an Wissen angeeignet haben, aber viel wichtiger sind doch die Kompetenzen, die sich ausgebildet haben. Zu diesen Kompetenzen gehört aus meiner Sicht definitiv die Selbstständigkeit. Die Schüler sollen in der Lage sein, sich zu organisieren, Strategien zu entwickeln, Ergebnisse zu überprüfen und ihren Lernprozess zu reflektieren. Sie sollen die Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess übernehmen und gleichzeitig den ihrer Mitschüler positiv beeinflussen können. Das Lernen ist mit dem Schulabschluss ja nicht automatisch vorbei – aber wem sage ich das Umso wichtiger ist es mir, dass Schüler in meinem Unterricht so früh wie möglich beginnen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und sich von mir zu lösen.

Vier Szenarien zur Förderung der Selbstständigkeit im Unterricht

In den folgenden Abschnitten erzähle ich dir von vier Szenarien aus meinem Unterricht, die ich dazu nutze, meinen Schülern Verantwortung zu übertragen und ihre Selbstständigkeit Stück für Stück zu fördern.

1. Lernen durch Lehren

Immer, wenn es sich anbietet, lasse ich meine Schüler in die Lehrerrolle schlüpfen. Wie einige schon wissen, bin ich ein großer Plickers-Anhänger und setze als Einstieg auf ein Quiz als tägliche Übung. Nachdem ich ein Jahr lang selbst die Aufgabe übernahm, das Quiz zu gestalten und durchzuführen, habe ich diese Aufgabe mittlerweile an meine Schüler abgegeben. Jede Stunde ist jemand anderes für die Planung und Durchführung der täglichen Übung verantwortlich. Natürlich bedeutet das für mich stets ein Stück Ungewissheit. Was wird wohl das Thema sein? Werden die geplanten 10 Minuten wirklich ausreichen? Flexibilität ist hier also für mich gefragt. Aber das ist es Wert – die Ergebnisse sind toll und ich merke immer wieder, wie toll sich meine Klasse entwickelt hat seitdem ich sie übernommen habe. Das ist ein großartiges Gefühl!

Auch Moderationsaufgben, die sich immer mal wieder einbauen lassen, trete ich gerne an die Klasse ab. Die Ergebnissicherung übernehmen? Ein Tafelbild entwerfen? Warum nicht ohne mein Zutun und am Ende gemeinsam reflektieren? Ich finde es wichtig, dass Schüler auch andere Perspektiven einzunehmen lernen und gerade diese bringen Schüler weiter und sorgen für einen Lernprozess. Seinen Mitschülern etwas zu erklären oder einen Prozess zu moderieren, bringt nochmal eine ganz neue Schwierigkeit mit sich.

2. Individuelle Ergebnissicherung

Womit ich früh anfing und was bis heute immer noch Bestand hat, ist die Ergebnissicherung, die jeder für sich selbst vornimmt. Diese geht damit einher, dass die Schüler in ihrem eigenen Tempo oder in kleinen Gruppen Aufgaben bearbeiten, sich bei Bedarf selbstständig an Hinweisen und Tipps bedienen und die Ergebnisse am Ende vergleichen, korrigieren und verstehen. Die Schüler übernehmen auch hier die Verantwortung für das Gelingen ihrer Arbeit und das Ergebnis.

Gerade hier ist es natürlich wichtig, gut zu differenzieren. Wenn Schüler in ihrem eigenen Tempo arbeiten, kommt es häufig entweder zu Leerlauf, weil Schüler früher fertig sind oder Schüler brauchen unerwartet lange. Darauf muss man reagieren können: Angemessene zusätzliche Aufgaben, die andere Perspektiven eröffnen und zum Nachdenken oder Diskutieren anregen, sind Pflicht.

3. Arbeit mit dem Teamboard

Auf dem #excitingedu-Kongress durfte ich Marcus von Amsberg kennenlernen und mich mit ihm kurz über seine ivi-Teamboard-Methode unterhalten. Wer sich gerne kurz die Funktionsweise anschauen möchte, kann das in seinem Lernvideo tun. Ich möchte gar nicht genau auf die Funktion eingehen, sehr wohl aber auf die Vorteile, die sich mir im Unterricht geboten haben.

Die Schüler konnten die Reihenfolge der zu bearbeitenden Aufgaben weitgehend selbstständig auswählen – Ausnahme waren zwei Abschnitte, bei denen einer auf dem anderen aufbaute. Auch Vertiefungsaufgaben, die als Differenzierung dienten, konnten nach eigenen Interessen ausgewählt werden. Die Ziele, waren dabei für meine Schüler transparent – die Organisation und Zeitplanung geschah in eigener Verantwortung und unter ständiger Reflexion der Arbeitsschritte. Der Weg zu den Zielen hin wurde von den Schülern selbstständig beschritten.

4. Meinung anhören und Ernst nehmen

Aufgrund diverser Geschehnisse, bevor ich in meine Klasse kam, habe ich von Anfang an auf einen regelmäßigen Austausch mit meiner Klasse gesetzt. Diesen haben wir in wöchentlichen Feedbackrunden ritualisiert. Ein wichtiger Teil auf dem Weg zur Selbstständigkeit ist für mich auch die Möglichkeit, seine Meinung offen äußern zu dürfen und auch die Chance dazu zu erhalten. Das Äußern einer Meinung ist gar nicht so einfach wie es sich anhört. Meinungen müssen konstruktiv geäußert und begründet werden können. Dafür ist es wichtig, Geschehenes angemessen zu reflektieren, um zu einer Einschätzung zu gelangen.

Sich eine Meinung zu bilden, ist die eine Seite. Diese aber auch ohne Bedenken äußern zu dürfen eine andere. Relevanz erhält die Meinungsäußerung aber nur, wenn sie ernst genommen wird und sich anhand dessen Veränderungen ergeben. Ich denke, dass ich das in meinem Unterricht bereits gut umsetze. Das Feedback meiner Schüler ist mir unheimlich wichtig – es hilft mir, meinen Unterricht zu verbessern und andere Perspektiven zu erkennen, die mir vielleicht verborgen geblieben sind. Und ganz nebenbei tue ich etwas für die Selbstständigkeit meiner Klasse. Win – Win!

Wie sehen deine Ideale für den Unterricht aus und was hältst du von Selbstständigkeit im Unterricht? Erzähl mir von deinen Methoden, Ritualen oder Ideen – ich bin gespannt!

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